Mit hundertprozentig naturheilkundlichen Tipps kann man die Leserschaft – oder als Heilpraktiker auch den Patientenstamm – ungewollt reduzieren. Denn Naturheilkunde pur würde bedeuten: gesund leben, dann braucht es so gut wie keine weiteren Hilfsmittel oder gar Medikamente. Naturheilkunde pur: Ernährung, Bewegung, Entspannung. Das ist alles? Erfahrungsgemäß beendet an dieser Stelle schon ein Großteil der Leserinnen und Leser die Lektüre. „Kenn ich schon, hab‘ ich schon probiert.“ Bleiben Sie noch ein bisschen, ich bemühe mich auch, nicht zu puristisch zu sein.
Wer jemals mit Verstopfung zu tun hat, kennt längst die Bedeutung von Ernährung (Ballaststoffe sind das A & O), Bewegung (mäßiger Sport hilft gegen Darmträgheit) und auch von Entspannung: Wenn ich mir nicht die Zeit nehme für Stuhlgang, etwa weil die Termine oder allgemein die Arbeitsbedingungen es kaum zulassen, ärgere ich mich hinterher über meine Verstopfung.
Das Thema scheint banal, weil es irgendwie jeder kennt und damit umgeht. Und es ist riesig. Hier beschränke ich mich auf ein paar sehr persönliche Tipps, die helfen könnten, wenn das mit dem gesunden Leben gerade nicht so richtig klappt, aus welchen Gründen auch immer. Auf Dauer sollten wir aber schon zum gesunden Lebensstil zurückfinden und es uns wert sein, dafür die Rahmenbedingungen zu schaffen.
Mag sein, dass die Einnahme von Ballaststoffen allein nicht reicht, aber ohne Ballaststoffe in der Ernährung geht es mit Verdauung und Stuhlgang definitiv viel schwieriger. Eine Scheibe Vollkornbrot und eine Schale Müsli sind insofern immer noch eine gute Sache! Wer unter Glutenunverträglichkeit leidet oder mit beiden genannten Lebensmitteln nichts anfangen will, für den gibt es noch die Brei-Variante zum Frühstück (Hafer, Buchweizen, Hirse, Amaranth etc.) und mittags einfach gekochten Vollkornreis. Gerade zum Herbst hin bzw. auch im Winter ist der warme Brei für viele angenehmer und auch lecker (wenn man sich über evtl. bestehende unangenehme Kindheitserinnerungen hinweggesetzt hat). Aus eigener Erfahrung kann ich sagen: Wir haben jahrelang schwerpunktmäßig Vollkornreis und Gemüse gegessen (nicht nur zum Mittagessen), ich hatte keinerlei Verdauungsbeschwerden oder Stuhlgangprobleme – verstehe aber, wenn jemand diese „Diät“ nicht auf Dauer für erstrebenswert hält. Dann muss man sich oft doch auf die Suche nach Tricks begeben …
Aus Getreide isolierte Ballaststoffe, also Kleie, gelten allgemein als auf Dauer problematisch, weil darmreizend. Ich habe eine Zeit lang Reiskleie verwendet, sie schien mir verträglicher und auch weil sie (wie Haferkleie) den Cholesterinspiegel senken hilft. Aber es gab sie damals nicht in „Bio“, das war mir dann doch suspekt. Tja, wenn man genug (Vollkorn)Reis ist (essen täte), hat (hätte) man diese Sorgen ohnehin nicht 🙂
Ich bin ein Fan von Leinsamen-Schleim: gemahlene Leinsamen in Wasser geben, das Gel, das sich bildet, kann abgesiebt werden und hilft bei Magenreizung. Aber die geschroteten Kerne für die Darmaktivierung zu nutzen, das habe ich mangels Verträglichkeit aufgegeben. Das muss man individuell ausprobieren. Apropos ausprobieren: Wenn, dann richtig – bei Ballaststoffeinnahme muss man viel trinken!
Modernere isolierte Ballaststoffe wie Inulin & Co. vertrage ich noch weniger. Es gibt aber Fans, die darauf schwören.
Eine Maßnahme mit doppeltem Nutzen könnte eingeweichtes Trockenobst, am Abend eingenommen, sein: Es bindet Flüssigkeit im Darm, was dazu führt, dass wir etwas weniger Harndrang verspüren (je älter, desto besser klingt dieser Tipp), und das zusätzliche Wasser hilft auch der Stuhlkonsistenz und dem Stuhldrang. Möglicherweise spielen auch noch andere Faktoren eine Rolle (Kalium vielleicht). Ich mag Trockenobst pur gar nicht, kann es nur im Müsli kleingehackt als Süße tolerieren (oder im Kuchen :-)), insofern wäre das abends nichts für mich, aber ich habe es schon mit Erfolg bzw. guter Rückmeldung empfohlen.
Viele schwören auf Sauerkraut und/oder Apfelessig. Zwei, drei Gabeln Sauerkraut mag ich auch gern, das scheint aber nicht die nötige Menge zu sein, und bei mehr bekomme ich Blähungen. Ich nehme statt Apfelessig morgens einen Esslöffel Zitronensaft (gibt es günstig in Bio-Qualität) auf ein Glas Wasser. Warum die zusätzliche Säure den Stuhlmechanismus begünstigt, so genau weiß man es nicht. Am Vitamin C könnte es nur dann liegen, wenn die Dosis viel höher wäre.
Tatsächlich nehme ich öfters höhere Dosen Vitamin C (1000 mg/Tag), in erster Linie zur Infektprophylaxe oder -bekämpfung, aber ein Nebeneffekt kann sein, und den nehme ich gerne in Kauf, dass der Körper das zuviel angebotene Vitamin aktiv durch Stuhlgang ausscheidet. Da dies eine gewisse Reizung ist, wird davon abgeraten, es ständig oder sozusagen lebenslang zu praktizieren.
Auch Magnesium ist eine nebenwirkungsarme Option, den Stuhlgang sanft zu erzwingen – und ähnlich sinnvoll wie beim Vitamin C, da die meisten Menschen hierzulande eher zu niedrige Magnesiumspiegel aufweisen. Richtig gesund erscheint mir das aber auch nicht, wenn man das ein Leben lang so praktizieren wollte. Da bin ich eben doch ein konservativer Naturheilkundler, der sich nicht vorstellen kann, dass sich „der liebe Gott“ die Sache so ausgedacht haben soll.
Und als solcher Naturheilkundler gebe ich gerne noch eine andere sehr allgemeine, aber wahre Botschaft mit: Unser Problem ist häufig nicht der Mangel an irgendwelchen Nährstoffen, sondern der Überschuss an anderen! D.h. wir sollten nicht nur an die Dinge denken, die wir einnehmen könnten, sondern auch an jene, die man vielleicht mal weglassen sollte, z.B. stopfende Nahrungs- und Genussmittel wie Schokolade. Süßigkeiten sollen grundsätzlich die Darmtätigkeit beeinträchtigen, Zucker „lähmt“ den Darm. Aber auch von Chips und Flips wird abgeraten wegen des hohen Salzgehalts.
Apropos Salz: Ein einfacher Trick, morgens den Stuhlgang anzuregen, ist das Glas Salzwasser. Schließlich funktionieren auch die flüssigen Passagetrinks, die beim Fasten genommen werden, aus Salzbasis. Nur ist die tägliche Zufuhr von Salz nicht unproblematisch, etwa in Bezug auf den Blutdruck.
Bitterstoffe regen den Verdauungsprozess und damit den Stuhlgang ebenfalls an. Vermutlich wirkt daher bei Menschen, die selten Kaffee trinken, eine Tasse davon schon abführend. Dummerweise kann sich der Organismus an vieles gewöhnen, d.h. auch der Kaffeetrinker kennt Verstopfung. An richtige Abführmittel, egal ob synthetisch oder pflanzlich, sollten wir den Organismus gar nicht gewöhnen, da wir so einen natürlichen Mechanismus nachhaltig schädigen.
Also sollten wir doch darauf achten, dass unsere Gewohnheiten gesund sind. Vielleicht etwas mehr Bewegung? (Mäßig wohlgemerkt, Extremsport schadet der Verdauung, kann auch zu Verstopfung führen.) Vielleicht für mehr Entspannungsphasen sorgen und evtl. regelmäßige Zeiten auch dem auf Rhythmus angewiesenen Verdauungsprozess eine größere Chance zu verschaffen, es natürlich hinzubekommen? Es gibt nichts Gutes, außer man tut es. Jaja, aber sowas schreibt sich leicht dahin. Danke, dass Sie bis hierhin gelesen haben. Ich wünsche Ihnen viel Erfolg!
PS. Warnhinweis: Verstopfung (Obstipation) kann viele, auch gravierende medizinische Ursachen haben. Die Tipps an dieser Stelle haben nur allgemeinen Charakter und können den Besuch bei Arzt oder HP nicht ersetzen. „Doktern“ Sie nicht zu sehr an etwas herum, das Sie nicht einschätzen können!
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